"Ein logischer Schritt": DPAG stellt E-Post-brief ein

Die Deutsche Post AG stellt den E-Postbrief zum Jahresende ein. Im Interview erläutert Dr. Frank Wermeyer, Geschäftsführer von Binect, die wichtigsten Entwicklungen rund um den deutschen Briefmarkt und die digitale Post.

 

Die DPAG hat angekündigt, zum 31.12.2019 den digitalen E-Postbrief einzustellen. Was bedeutet das für den Markt und für Binect?

Die Entwicklung im deutschen Briefmarkt verläuft bislang in vielerlei Hinsicht anders als die in den europäischen Nachbarländern. Deutsche Behörden und Unternehmen kommunizieren aus verschiedenen Gründen immer noch sehr stark per Brief. Zwar sind auch in Deutschland die klassischen Briefmengen rückläufig, jedoch geht dieses Abschmelzen sehr viel langsamer voran, als in anderen Ländern. Der digitale E-Postbrief war – genau wie die De-Mail – der Versuch, Unternehmen, Behörden und Kunden/Bürgern eine digitale Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die mittelfristig einen großen Teil des Briefvolumens ablösen sollte und über die künftig einfach digital und vor allen RECHTSVERBINDLICH kommuniziert wird.

Die digitale Kommunikation über diese Plattformen sollte dem physischen Brief in ihren Wirkungen rechtlich gleichgestellt sein. Diese deutschen Gehversuche in die rechtsverbindliche digitale Kommunikation darf man getrost als vorerst gescheitert betrachten. Weder De-Mail noch E-Postbrief konnten sich durchsetzen; es gab einfach zu wenig Nutzer, sowohl auf der Versender-, als auch auf der Empfängerseite. Ohne darauf einzugehen, warum dies so ist: Die Deutsche Post AG vollzieht aus meiner Sicht hier einen logischen Schritt; der E-Postbrief in seiner bisherigen Form wird eingestellt.

Wie wird die Binect als Hybridpost-Anbieter und Hersteller der E-POSTBUSINESS BOX von diesen Entwicklungen berührt?

Zum einen ist Binect weit mehr als ein Hybridpost-Anbieter. Wir bieten unseren Kunden im Mittelstand und im Gesundheitsmarkt seit Jahren Lösungen für die Organisation und den Versand ihrer Ausgangspost; dies sowohl für die Regel-, als auch insb. die Tagespost. Hier sind wir primär Anbieter von Output Management Lösungen, die nicht nur den physischen Briefversand, sondern auch digitale Versandkanäle umfassen. Zum Thema Hybridpost: Seit einigen Jahren bieten wir unseren Kunden selbstverständlich an, den gesamten Versand von physischer Post über Binect abzuwickeln und so alle Vorteile des Outsourcings dieser Art der Kommunikation aus einer Hand zu beziehen. Wir bieten in einem einzigen Komplettpreis pro Sendung die komplette Produktion des Briefes (Druck, Kuvertierung), Frankierung und den Versand an, und können über unsere Größe natürlich auch Portorabatte weitergeben.

Hybridpost ist damit, wie der Name schon andeutet, eine Mischung aus digitalem Versand und physischer Zustellung – the best of both worlds – wenn Sie so wollen. Das bedeutet auch, dass Versender ihre Ausgangspost digitalisieren können, ohne dass es einen durchgehend digitalen Versand geben muss. Nahezu alle Vorteile des digitalen Versands können so heute schon genutzt werden. Ich möchte sogar so weit gehen, dass viele unserer Kunden im Mittelstand bislang überhaupt keinen rein digitalen Versandkanal haben wollten; im Gegenteil, man war oft froh, dass einige unserer Angebote reine Hybridpostangebote sind, bei dem der Empfänger einen physischen Brief und kein digitales Schreiben erhält.

Kunden der E-POSTBUSINESS BOX mussten aus dieser Perspektive betrachtet dagegen damit leben, dass es neben dem Hybridpostversand noch die Möglichkeit gab, per digitalem E-Postbrief zuzustellen. Damit verbunden war auch bislang ein aufwändiger Registrierungsprozess, der die Akzeptanz der E-POSTBUSINESS BOX eher geschwächt als beflügelt hat. Insofern: Binect wird durch die aktuellen Entwicklungen im Markt und bei der Deutschen Post AG keinesfalls negativ berührt.

Was bedeuten denn Schlagworte wie „eIDAS-Brief“ für die Briefkommunikation in den nächsten Jahren?

Ich will nicht zu weit ausholen. Die EU hat 2014 eine Verordnung verabschiedet, mit der das künftige Angebot an „Vertrauensdiensten“ europaweit definiert und angeglichen wird. Es bestehen durch die sog. eIDAS-Verordnung*) einheitliche Richtlinien für künftige Angebote und Anbieter, so dass derartige Dienste künftig auch europaweit mit derselben Rechtswirkung genutzt werden können. Aus meiner Sicht ein absolut notwendiger Schritt! Wir können rechtsverbindliche Kommunikation nicht mehr rein national denken. Die Deutsche Post AG hat sich nach eigenem Bekunden schon vor längerer Zeit als Vertrauensdienst-Anbieter zertifizieren lassen, um künftig einen digitalen und verbindlichen Kommunikationsdienst anbieten zu können, der europaweit anerkannt. Die Ankündigung, nun zu Beginn des Jahres 2020 einen solchen Dienst anzubieten, wird ein weiterer wichtiger Schritt in die Digitalisierung des heute großflächig vom Papier beherrschten Briefmarkt.

Was heißt das für die Binect?

Binect bietet bereits heute seinen Enterprise-Kunden im Lösungsgeschäft an, digitale Versandkanäle ihrer Wahl einzubinden. Das beginnt bei der Archivierung, dem Upload auf das eigene Kundenportal bis hin zum Versand via E-Mail oder Secure-Mail. Vor Jahren schon hatten wir auch eine De-Mail Anbindung, um unseren Kunden den Versand über De-Mail anbieten zu können.

Wir stehen auch mit unseren Mittelstandskunden in engem Austausch darüber, welche zusätzlichen Versandkanäle über den Hybridpostversand hinaus künftig erwartet werden. Bislang herrscht hier kein klares Bild. Viele Kunden warten noch ab, in welche Richtung sich „der Markt“ entwickelt. Unserer Erfahrung nach, wird eine Secure-Mail Lösung (verschlüsselte E-Mail) heute nicht als zukunftsfähige Lösung, sondern wenn überhaupt als Brücke hin zu einer marktweit akzeptierten Lösung gesehen.

Kommunikationsdienste, die nach den eIDAS-Vorgaben funktionieren, könnten eine marktweit akzeptierte Lösung werden, wenn es den Anbietern gelingt, eine allzu starke Fragmentierung des Marktes zu verhindern. Auch wenn durch eIDAS Vorgaben eine Interoperabilität der Angebote sehr wahrscheinlich ist, kann sehr leicht Verwirrung entstehen. Wir haben bei De-Mail und E-Postbrief beobachten können, dass dies Gift für die Entwicklung digitaler Briefinfrastrukturen ist.

Zurück zu Binect: Wir werden in naher Zukunft die digitalen Dienste in unsere Standardangebote integrieren, die unsere Kunden nutzen möchten und von denen wir überzeugt sind. Sollte das der neue eIDAS-Dienst der Deutsche Post AG sein, würden wir unseren Kunden den Versand physischer und digitaler Briefe aus einem System, unter einer Oberfläche, mit einer übergreifender Versandsteuerung und Reporting aus einer Hand anbieten. Ob die E-POSTBUSINESS BOX künftig auch einen eIDAS-Versand ermöglicht, müssen sie allerdings bei der Deutsche Post AG nachfragen, die die inhaltlichen Weichenstellungen für dieses Produkt festlegt.

*Zum Thema eIDAS

Die Abkürzung eIDAS steht für electronic IDentification, Authentication and trust Services. Die eIDAS-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments) ist ein EU-Standard, der einheitliche Regelungen für Signaturen und die Bereitstellung von Vertrauensdiensten im EU-Binnenmarkt schaffen soll. Sie ist seit 2016 in Kraft und hat zum Ziel, elektronischen Transaktionen eine ähnliche rechtliche Stellung zu verschaffen wie Transaktionen auf Papier. Seit 2018 ist europaweit die gegenseitige Anerkennung elektronischer Identitäten verbindlich.

In Deutschland wird alternativ der Begriff IVT verwendet. Er leitet sich aus der Bezeichnung „elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen“ ab. Ziel der eIDAS-Verordnung ist es, elektronischen Transaktionen eine ähnliche rechtliche Stellung zu verschaffen wie Transaktionen auf Papier. Hierfür werden technische Verfahren und Standards für elektronische Zertifikate, Siegel, Zeitstempel und Signaturen definiert, die ein sicheres und konsistentes Verschicken elektronischer Dokumente erlauben. Im kompletten europäischen Wirtschaftsraum und in allen 28 Mitgliedsstaaten der EU ist die eIDAS-Verordnung unmittelbar geltendes Recht. Konkretisiert ist die Verordnung durch sogenannte Durchführungsrechtsakte. In Deutschland regelt das eIDAS-Durchführungsgesetz aus dem Jahr 2017 die Umsetzung der eIDAS-Verordnung. Es existieren ein Vertrauensdienstegesetz (VDG) und eine das VDG näher spezifizierende Vertrauensdiensteverordnung.